Widerrufsbelehrung vergessen? Dann sollten Sie schnell handeln!

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Kunden den Auftrag widerrufen können, wenn Handwerker Verträge in der Wohnung des Kunden abgeschlossen haben, ohne sie ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht zu belehren.

In unserer täglichen Beratungspraxis fällt auf, dass einige SHK-Betriebe ihre Kunden (Verbraucher) offenbar nicht über das ihnen zustehende Widerrufsrecht belehren. Auch wenn hierbei bislang alles gut gegangen ist, sollten Sie schnell handeln, denn ein Fehler könnte fatale Folgen für Ihren Betrieb haben.

Der Fall

Der jüngst vom EuGH entschiedene Fall betraf einen Handwerksbetrieb, der mit einem Verbraucher einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation seines Hauses abschloss. Leider versäumte der Handwerker seinen Kunden über das Widerrufsrecht aufzuklären. Weil der Vertragsabschluss außerhalb der Geschäftsräume des Handwerksbetriebes erfolgt ist, stand dem Kunden grundsätzlich ein 14-tägliches Widerrufsrecht zu.

Nachdem der Handwerker seine vertraglichen Leistungen erbracht und in Rechnung gestellt hatte, widerrief der Kunde den Vertrag, ohne die Rechnung zu bezahlen. Hierbei berief sich der Kunde darauf, dass der Handwerksbetrieb es versäumt hatte, ihn über sein Widerrufsrecht zu unterrichten.

Das Urteil

Das Urteil des EuGH bestätigte die bereits geltende deutsche Rechtslage. Der EuGH wies auf die hohe Bedeutung des Widerrufsrechtes für den Verbraucherschutz hin. Insbesondere verwies er darauf, dass ein Verbraucher möglicherweise psychisch stärker unter Druck gesetzt oder einem Überraschungsmoment ausgesetzt ist, wenn ein Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen eines Unternehmers abgeschlossen wird. Ferner urteilte das Gericht, dass der hohe Verbraucherschutz in Gefahr geraten würde, falls dem Verbraucher infolge des Widerrufs bei einem außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstvertrag Kosten entstehen würden.

Was bedeutet das für Sie?

Wenn Sie Ihre Kunden bereits bisher ordnungsgemäß belehrt haben, ändert sich für Sie zunächst nichts. Das Urteil macht aber noch einmal deutlich, wie wichtig es ist einen Verbraucher fehlerfrei über dessen Rechte aufzuklären.

Anderenfalls laufen Sie nämlich Gefahr, dass Ihr Kunde noch nach Erledigung der Arbeiten von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht und Sie Aufwendungen getätigt haben, für die Sie keinerlei Erstattung erhalten. Beachten Sie bitte, dass bei einer nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung die Frist zum Widerruf nicht zu laufen beginnt und ein Verbraucher Ihnen den Widerruf noch nach zwölf Monaten und 14 Tagen erklären kann.

Widerrufsbelehrung muss in Papierform erfolgen

Gemäß § 312f BGB müssen die einem Verbraucher zur Verfügung zu stellenden Informationen in Papierform sein. Mit Zustimmung des Verbrauchers kann dies auch auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. per E-Mail) erfolgen. Ein Hinweis auf Ihrer Website reicht hingegen nicht aus.

Welche Informationen Sie als Handwerker dem Verbraucher für eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zur Verfügung stellen müssen, regelt Art. 246a EGBGB. Die dem Gesetz angehängten Muster-Widerrufsbelehrungen nebst Ausfüllhinweisen finden Sie hier:

Art 253 Anlage 1 EGBGB - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)

Wir empfehlen ausdrücklich die Verwendung dieser Muster-Widerrufsbelehrungen, weil nach Rechtsprechung des BGH eventuelle Fehler, die aus der Nichtverwendung dieser originalen Muster entstehen, zu Ihren Lasten gehen.

Welche Folgen hat ein Widerruf?

Bei Kaufverträgen ist das einfach. Verbraucher haben das Recht die Ware zurückzugeben und der Unternehmer muss den Kaufpreis zurückzahlen.

Bei Werkverträgen müssen Sie als Betrieb den erhaltenen Werklohn zurückbezahlen. Weitere Pflichten – z.B. ein Rückbau von Bauleistungen – bestehen in der Regel nicht. Ihr Kunde muss seinerseits die erbrachte Werkleistung zurückgewähren. Das bedeutet, dass Materialien grundsätzlich zurückzugeben sind, sofern Sie nicht in einer Weise verarbeitet oder verbaut wurden, die keinen rückstandslosen Ausbau ermöglicht. Soweit die Werkleistung in einer Tätigkeit (Stundenlohnarbeiten etc.) bestand, können Verbraucher diese naturgemäß nicht zurückgewähren. Als Ausgleich ist Wertersatz für die erbrachte Werkleistung zahlen, was aber von weiteren Voraussetzungen abhängig ist.

Achtung: Die Pflicht zur Zahlung von Wertersatz setzt voraus, dass Ihr Kunde ausdrücklich verlangt hat, dass Sie Ihre Tätigkeit vor Ablauf der Widerrufsfrist aufnehmen und er von Ihnen darüber belehrt wurde, dass er im Fall des Widerrufs Wertersatz zu leisten hat. Das Muster einer solchen Belehrung, die zum vorzeitigen Erlöschen des Widerrufsrechts führt, haben wir Ihnen als Anlage beigefügt.

Damit eine Widerrufsbelehrung und die Vereinbarung von Wertersatz rechtmäßig sind, müssen strenge formelle und sprachliche Anforderungen erfüllt werden. Wir raten deshalb dringend davon ab, die Muster umzuformulieren oder optisch zu verändern. Ergänzen Sie lediglich die Angaben in den hierfür vorgesehenen Feldern.

Fazit

Bei jedem Vertrag, der außerhalb Ihrer Geschäftsräume geschlossen wird, droht ein Widerruf durch den Kunden, sofern dieser Verbraucher ist. Um einen „außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrag“ handelt es sich bei jedem Vertrag zwischen Ihnen als Unternehmer und einem Verbraucher, der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers (z.B. im Büro eines Architekten oder auf der Baustelle) ist.

Ihre Kunden gelten dann als Verbraucher, wenn es sich um eine natürliche Person handelt, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, dass überwiegend weder deren gewerblicher noch deren selbständiger beruflicher Tätigkeit zugerechnet werden kann. Im Streitfalle trägt derjenige, der behauptet, Verbraucher zu sein, hierfür auch die Beweislast.

Deshalb empfehlen wir, wann immer es möglich ist, verbindliche Verträge nur in den eigenen Geschäftsräumen abzuschließen und Ihren Aufklärungspflichten, also der Widerrufsbelehrung gegenüber Ihren Kunden / Verbrauchern stets ordnungsgemäß nachzukommen.

Ausnahmen:

Verträge, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen, sehen kein Widerrufsrecht vor.

Vorsicht ist aber bei zusätzlichen Leistungen geboten, denn das Widerrufsrecht entfällt nur bei der Dringlichkeit der Arbeit und gilt nur für diese. Für andere Zusatzarbeiten oder Warenlieferungen, die im Rahmen dieses Dringlichkeitseinsatzes erbracht werden, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat oder hinsichtlich gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, gilt die Ausnahme nicht.

Fällt also die Heizung im Winter aus und repariert der Handwerker diese, hat der Kunde kein Widerrufsrecht. Soll der Handwerker zusätzlich noch ein Waschbecken ersetzen, gilt das Widerrufsrecht. Der Monteur vor Ort wäre also auch bei dringenden Reparaturen und Instandhaltungen gut beraten, umfangreiche Informations- und Belehrungspflichten vor allem zum Widerrufsrecht in seinem Koffer mitzuführen, um sie dem Kunden auszuhändigen.

Anlagen: Muster Wiederufsrecht.doc